Diskussion:Grundeinkommen
ToDo
Ich sehe im Artikel folgende Probleme:
- Es fehlt ein Abschnitt über den Zusammenhang zur FG-Thematik (Hier gibt es mindestens zwei Bezüge: erstens, daß FS eine Grundversorgung mit Software gewährleistet, zweitens die Geschichte mit der durch technischen Fortschritt verursachten Sockelarbeitslosigkeit)
- Bestimmte Aussagen finde ich nicht nachvollziehbar und daher POV. Es müßte geklärt werden, was eine Verwertungsmaschinerie ist, sowie, welche Funktionen Geld hat, und was dies für das FG-Thema bedeutet.
Dies soll kein Gemecker sein, sondern vor allem ein kleiner Notizzettel für mich selbst. -- Sloyment 01:57, 9. Feb 2006 (CET)
- Zum 1. Punkt: Ich will auch noch einen Artikel zur Grundversorgung anfangen, wo die von dir genannten Bezüge reinpassen + als 3. Bezug: wovon sollen die Schöpfer Freier Software und Inhalte denn leben (klar, da gibts immer Möglichkeiten, aber nicht unbedingt für alle)? Der Bezug von Grundsicherung zur Grundversorgung ergibt sich dann quasi von selbst als eben eine Möglichkeit einer solchen Grundversorgung. Zum 2. Punkt: Verwertung dürfte einen eigenen Artikel zur Klärung verdienen, hab schon mal einen entsprechenden Link hinzugefügt. Ansonsten änder bzw. kritisier was du nicht für nachvollziehbar hälst... --Christian 11:07, 9. Feb 2006 (CET)
- Den 3. Bezug halte ich für den wichtigsten. Und in Verbindung mit Sloyments erstem lässt sich das auch Außenstehenden einfacher als "gerechte" Lösung erklären: Die Programmierer Freier Software erhalten eine Grundversorgung und sorgen im Gegenzug für eine Grundversorgung der Gesellschaft mit hochwertiger Software. Wie schön wäre es, eine Studie zur Hand zu haben die belegt, dass sich das volkswirtschaftlich rechnet ... --Kurt 16:16, 9. Feb 2006 (CET)
- Hab diese 3 Gründe unter Grundversorgung eingearbeitet. Was den volkswirtschaftlichen Nutzen betrifft, dürfte das allerdings schwer zu messen sein, zumal es ja um eine bislang hypothetische Situation geht und erst geeignete Maßstäbe gefunden werden müssten (FS kosten ja meist nichts und ist deshalb schlecht fürs Bruttosozialprodukt, wenn auch gut für die Menschen). --Christian 13:46, 13. Feb 2006 (CET)
Probleme mit Grundeinkommen
Wahrscheinliche Probleme:
- Der Kapitalismus ist darauf angewiesen, dass die Leute arbeiten, auch wenn sie keine Lust darauf haben, um z.B. unangenehme Arbeiten zu erledigen. Deshalb kann das Grundeinkommen nicht hoch genug sein, um ein "gutes Leben" ohne Arbeit zu ermöglichen.
- Das Grundeinkommen würde zu einer gewaltigen Ausweitung des Niedriglohnsektors und zu einem allgemeinen Absinken des Lohnniveaus führen, da die Notwendigkeit für Unternehmen, lebenssicherende Löhne zu zahlen, entfällt (es gibt ja noch das Grundeinkommen dazu).
Auszug aus einer IRC-Diskussion von Benutzer:Christian und Benutzer:Holger zum Thema:
- emias
- Hm, ich wuerde denken [...], dass es in der Praxis daraus [Problem 2 oben] hinauslaufen wuerde. Das ist durchaus einer der Gruende, warum ich auch so skeptisch gegenueber dem Kampf ums Grundeinkommen bin.
- ChristianS
- ja, solange (wie im kap.) geld als primäre motivation gedacht ist, bleibt das zumindest ein spagat
- emias
- Gerade weil das Grundeinkommen unabhaengig vom sonstigen Einkommen gezahlt werden soll, greift ja nicht mehr der Mechanismus der Sozialhilfe, die de facto den Mindestlohn setzt.
- ChristianS
- wenn das grundeinkommen "zu hoch" ist, arbeiten nicht mehr genug
- ChristianS
- also muss es "zu niedrig" sein, damit die arbeit gemacht wird...
- emias
- Wenn ich die Alternative habe: Arbeiten oder 800 EUR Sozialhilfe, werde ich nicht fuer unter 800 EUR arbeiten. Wenn ich die Alternative habe: 800 EUR Grundeinkommen plus 400 EUR Lohn, werde ich letzteres vielleicht tun.
- emias
- Ja, exakt. Alles andere wird nicht passieren koennen.
- ChristianS
- ja, das ist ja die werner-argumentation (das was du eben sagst)
- emias
- Ebent.
- ChristianS
- aber wenn die leute dann quasi arbeiten müssen (oder dahinvegetieren), ist das natürlich scheiße
- emias
- Aber, wie Du schon sagst, ein Grundeinkommen, was nennenswert ueber der Schwelle liegt, die zusaetzliches Lohneinkommen fuer den normalen 08/15-Proleten erforderlich macht, ist definitiv nicht durchsetzbar. Genau deshalb halte ich den Kampf fuer's Grundeinkommen fuer vergebene Liebesmueh.
- ChristianS
- werners hoffnung ist wohl, dass man auch ohne arbeit ganz gut leben kann, so dass die arbeitgeber dann gezwungen sind, hinreichend attraktive gehälter zu zahlen
- ChristianS
- aber stimmt wohl, rechnerisch dürfte das kaum hinkommen
- ChristianS
- also sollte man den grundeinkommen-artikel vielleicht doch mal überarbeiten ;-)
Wer Lust hat, das zu tun, oder aber plausible Gegenargumente hat, ist herzlich willkommen! --Christian 15:31, 12. Jun 2006 (CEST)
Ich versteh euer Argument noch nicht so ganz. Vorher: 1200 Euro Lohn, hinterher: 800 Euro Grundeinkommen plus 400 Euro Lohn. Warum genau soll das ein Problem sein? Benni 16:05, 12. Jun 2006 (CEST)
- Das Hauptproblem ist, dass das Grundeinkommen nichts wirklich ändern würde – vorher muss man arbeiten, weil man sonst kein Geld hat (oder nur eine geringe Sozialhilfe), hinterher, weil das Grundeinkommen nicht hoch genug ist. Und wofür soll man für etwas kämpfen, dass keine (oder keine nennenswerte) emanzipatorische Verbesserung bringt? Außerdem wären die 800+400 Euro hinterher weniger wert als die 1200 Euro vorher, weil die 800 Euro, die der Staat zuschießt, natürlich finanziert werden müssen, z.B. (wie von Werner favorisiert) per Mehrwehrtsteuer – für 1200 Euro kriegt man nun mal weniger Produkte, wenn die Mehrwertsteuer 48% statt 18% beträgt. --Christian 16:39, 12. Jun 2006 (CEST)
- Natürlich ändert das Grundeinkommen als solches nichts ... am Kapitalismus. Das ist eine Trivialität. Ansonsten finde ich es schon eine enorme Änderung ob ich 400 Euro auftreiben muss oder 1200. Ersteres wird auch mit Grundeinkommen einfacher sein. Das mit der Mehrwertsteuer ist kein Argument, weil sie ja laut Werner die anderen Steuern ersezten soll und diese ja jetzt auch in der Preiskalkulation der Unternehmen enthalten sind. (Interessant wäre mal, wie hoch das Grundeinkommen wäre, wenn es anstelle aller jetzigen Sozialleistungen ausgezahlt würde). Benni 22:56, 12. Jun 2006 (CEST)
- Wahrscheinlich macht es keinen großen Unterschied, ob man dann 400 oder jetzt 1200 Euro auftreiben muss, denn laut Werners Vorstellungen (und ebenso nach unseren Vermutungen), werden die Lohne einfach entsprechend sinken: "Unternehmer könnten bereits für 200 bis 300 Euro pro Monat Arbeitnehmer einstellen." (w:Unternimm die Zukunft)
- Zur Frage unten heißt es dort: "Bereits heute gibt der deutsche Staat sehr viel Geld für eine Grundsicherung seiner Bürger aus (720 Mrd. pro Jahr für bestehende soziale "Transfersysteme"). Dieses Geld würde bereits zur Zahlung eines kleinen Grundeinkommens von 800 Euro pro Monat pro Person ausreichen." Dabei wird aber vermutlich vergessen, dass einiges davon ja z.B. für die Pflege alter und kranker Menschen ausgegeben wird, wo 800 Euro im Monat längst nicht ausreichen – dieses Geld könnte man also auch nicht umverteilen. Später soll das Grundeinkommen laut dem Modell wohl auf bis zu 1500 Euro anwachen (zumindest für einige: " Das Grundeinkommen soll je nach Lebensalter zwischen 800 und 1500 Euro liegen."), aber wo dieses zusätzliche Geld herkommen soll, wird mir nicht so ganz klar (es scheint jedenfalls ein hohes fiktives Wirtschaftswachstum vorausgesetzt zu werden). Und natürlich muss man sich dem dem Modell komplett selber krankenversichern, staatliche oder Arbeitgeberzuschüsse gibt es dann ja nicht mehr – dafür gingen also schon wieder mehrere 100 Euro drauf. Und da das Einkommen ja sämtliche anderen Sicherungssysteme ersetzen soll und aus den verschienen diskutierten Gründen davon auszugehen ist, dass es allein nicht (oder nur höchst prekär) zum Leben ausreicht, müsste man zusätzlich Rücklagen oder Versicherungen fürs Alter (Rente gäbs ja nicht mehr) und für evt. Berufsunfähigkeit bilden, das geht auch noch ab.
- Zur Steuerfrage: ja theoretisch sollte die Mehrwertsteuer alle anderen Steuern ersetzen. Das heißt aber jedenfalls, dass man die Euro-Zahlen dann nicht als "brutto", sondern als "netto" betrachten muss – die Gelder, die heute der Arbeitsgeber zahlt sowie die, die beim Arbeitsnehmer als Steuern + Abgaben abfallen, würden dann eben erst beim Konsum als Mehrwertsteuer anfallen, diese Differenz (– Kosten des Arbeitgebers – eigene Abgaben & Steuern) musst also also im Kopf immer abziehen, bevor du weißt wieviel die genannten Euro-Beträge wirklich wert sind. Und zwar nicht die Differenz, die sich heute für Arme/Geringverdiener ergibt (die dank des progressiven Steuersystems wenig bis keine Steuern zahlen), sondern die Durchschnittsdifferenz/-steuerrate, denn die Progressivität, die heute die Armen ent- und die Reichen belastet, fällt bei Werner ja weg (fixe Mehrwertsteuer statt progressiver Einkommenssteuern). --Christian 16:12, 13. Jun 2006 (CEST)
- Was ihr ausserdem vergesst, ist, dass die Sozialhilfe (bzw. ALG2) nur unter enormem Druck, bürokratischem Wahnsinn bis hin zur Zwangsarbeit erteilt wird. Der Hauptvorteil eines Grundeinkommens ist nicht, dass es mehr Geld für die Armen wäre, sondern dass diese (so wie jeder andere auch) selbstverständlich ihren Anteil kriegen. Eine Freundin von mir schreibt gerade ihre Diplomarbeit, kriegt kein BafÖg mehr und hat auch sonst fast kein Geld. Wenn sie ALG2 beantragt muss sie aufhören zu studieren! Für sie wäre ein Grundeinkommen absolut perfekt.
- und schliesslich: Gerade in einer Zeit in der prekäre Arbeitsverhältnisse immer mehr zunehmen ist ein Grundeinkommen ein enormer Fortschritt. Ich hab doch als prekär Beschäftigter eine ganz andere Verhandlungsposition gegen über den Arbeitgebern wenn ich auch mal eine Durststrecke überwinden kann. Ähnlich ist es für Hausfrauen und -Männer. Sie erhalten endlich eine eigenständige Absicherung und sind nicht mehr vom Wohlwollen des Partners abhängig. usw. usw... natürlich bringt das alles nicht den Kommunismus, aber es erhöht die Zeitsouveränität und stärkt die Verhandlungsmacht (im Sinne Freier Kooperation). Für all dies ist die Höhe des Grundeinkommens sekundär. Denkt mal was nur 1 Euro pro Tag Grundeinkommen bedeuten würden ... wenn es weltweit gezahlt würde. 84.177.62.224 22:56, 12. Jun 2006 (CEST) (benni, wieder mal vergessen mich einzuloggen)
- Stimmt beides, wenn man mit dem Grundeinkommen auch nur halbwegs auskommen könnte, aber gerade diese Tatsache macht es unwahrscheinlich, dass ein derartiges Grundeinkommen kommt. Denn gerade eine solche Verhandlungsposition und Unabhängigkeit der (nicht)arbeitenden Bevölkerung läuft den Interessen der Unternehmer/innen ja diametral entgegen, und gegen den Willen der Unternehmer läuft im Kapitalismus nun mal nicht viel. Schließlich gibt es ja auch heute keine objektive Notwendigkeit dafür, dass die Arbeitslosen so getritzt werden, außer eben dass es ihre Bereitschaft, sich zu nahezu beliebigen Bedingungen ausbeuten zu lassen, erhöht (bzw. ihnen gar keine andere Wahl lässt). Für die Kapitalisten ist das der Idealzustand, also warum sollten sie freiwillig darauf verzichten? Aber wenn du nach einer innerkapitalistischen Lösung suchst, kommst du an den Wunschen der Kapitalisten nun mal nicht vorbei, zumindest hat das m.W. bislang kein Regulierungsversuch auf Dauer geschafft. Deswegen scheinen mir außerkapitalistische Lösungen vielversprechender... --Christian 16:12, 13. Jun 2006 (CEST)
Selbstorganisiertes Grundeinkommen?
- thomas
- Ein staatlich garantiertes Grundeinkommen steht wenn, dann wohl wie staatlich garantierte Grundversorgung mit Software in sehr weiter Ferne am Horizont. Alle aktuellen Bestrebungen ziehen die Zwangsmechanismen an. Das reale Einkommen (normiert am Durchschnittseinkommen) von Sozialhilfeempfängern sinkt stetig (hat jemand ein Link zu Zahlen) ?
- Trozdem ist ein Grundeinkommen möglich, jedoch nicht als Anspruch an den Staat, sondern ein selbstorganisiertes Grundeinkommen. Wenn sich genügend Menschen zusammentun mit dem Zweck ökonomischer Grundversorgung, sollte dies machbar sein. Die Frage ist nur: wie viele müssen das sein ? Letzlich ist ein Anspruch an einen Staat nichts anderes als der Anspruch an eine Gruppe. Scheinbar fehlt dabei die Schwierigkeit, die Gruppe aufbauen zu müssen. Wenn sich dieser Schwierigkeit nicht gestellt wird, wirds auch nichts mit Grundversorgung ...
- benni
- Das Problem bei diesem Modell ist nicht die Anzahl der Leute, sondern die Anzahl an gut verdienenden Leuten, die bereit sind, etwas abzugeben. Damit steht und fällt das Modell eines selbstorganisierten Grundeinkommens. Das ist beim staatlichen Modell anders. Ein weiteres Problem ist die Zusammenwirkung mit ja vorhandenen staatlichen Sicherungssystemen. Da müsste man sich zumindestens was überlegen. Am Interessantesten ist dieser Gedanke vielleicht wenn man ihn mit dem 1-Euro-weltweit-Gedanken verknüpft. In weltweitem Massstab könnte es vielleicht eher gelingen, weil schon Beträge, die viele hier kaum jucken im Süden viel ausrichten könnten. Trotzdem wird man wohl kaum von Anfang an alle Menschen unterstützen können. Vielleicht auf kommunaler Ebene im Rahmen von Städtepartnerschaften oder so? Benni 11:03, 13. Jun 2006 (CEST)
- Christian
- Eine selbstorganisierte Grundversorgung würde ich für den vielversprechendsten Ansatz halten, allerdings weniger in dem Sinn, dass man sein Geld zusammenschmeißt, sondern indem man gemeinschaftlich die Organisation aller bzw. der wichtigsten benötigten Güter übernimmt, sofern möglich. Ähnlich wie Freie Software ja auch eine Grundversorgung mit Software sichert, nicht indem man Geld sammelt, um sie zu kaufen, sondern indem man sie schreibt. Dieser autonome Weg ist der einzige Möglichkeit, sich der kapitalistischen Verwertungsmaschine zu entziehen.
- Allerdings wären dafür in unserer hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaft natürlich eine ganze Menge Menschen nötig. Immerhin muss das nicht auf einen Schlag passieren, sondern es könnte schon ein Weg sein, von der Software angefangen, nach und nach immer mehr Lebensbereiche zu „befreien“ (wobei bei materiellen Gütern die freie Nutzung nur für die Beteiligten realistisch sein dürfte, anders als bei Software und Information). Ich wollte das bei Gelegenheit mal unter dem Stichwort Freie Gemeinden diskutieren, siehe Freie Gesellschaft. --Christian 14:37, 14. Jun 2006 (CEST)
- Thomas
- Ja, so habe ich das auch gemeint. Es war keine Grundversorgung mit Geld gemeint. CSA ist ein erster Schritt in diese Richtung. Andere Zusammenschlüsse zwecks Lebensqualitätssteigerung und verminderter Geldabhängigkeit auch. Auch wenn mein Hinweis auf Beyond Civilization auf Oekonux runtergeputzt wurde: die dort beschriebene Tribal_Ventures wären ein Schritt in diese Richtung. Ich hoffe mir Zeit zu nehmen, das besser zu beschreiben.
- Christian
- Meine Bedenken gegen einen Rückfall in den „Tribalismus“, wie von Daniel Quinn (den ich aber nicht im Detail kenne) ja anscheinend propagiert, habe ich ja schon geäußert: [1]. Wichtig ist natürlich, dass ein steady state erreicht wird, in dem nicht wie heute unersetzliche Ressourcen unwiderruflich verpulvert werden; aber abgesehen von diesem organisatorischen Problem ich sehe ich keinen Grund, warum eine postkapitalistische Geselllschaft hinter die heute erreichten zivilisatorischen Standards zurückfallen sollte.
- Konkrete Projekte in Richtung selbstorganisierte Grundversorgung wie die SSM finde ich jedenfalls interessant, wobei ich glaube dass bei größeren und besser vernetzten Gruppen, die sich (wie die Freie Software-Bewegung) nicht scheuen, mit modernster Technik zu arbeiten, ein sehr viel höherer Standard an Lebensqualität erreicht werden kann. --Christian 18:42, 15. Jun 2006 (CEST)
- Thomas
- Dazu ist es hilfreich zu wissen, was Daniel Quinn mit "Zivilisation" meint, nämlich hierarchisch herrschaftsförmige Gesellschaften. Diesen Standard wollen wir wohl alle unterbieten.
- Christian
- Hmm, das ist tatsächlich gut zu wissen – vielleicht werde ich mir Quinn bei Gelegenheit doch mal genauer anschauen. Andererseits klingt der in meiner Mail zitierte Wikipedia-Artikel ja doch recht anders: "technological civilization" scheint deutlich mehr als nur hierarchische Strukturen zu implizieren, und "archaic lifestyles" klingt ebenfalls eher technikfeindlich und (für mich) wenig attraktiv. Na mal sehen... Christian 17:18, 18. Aug 2006 (CEST)
Rainer Roth?
Die für Rainer Roth angegebene ISBN führt zu einem Buch von ihn namens „Leitfaden Alg II / Sozialhilfe von A-Z“. Seine Kritik des Grundeinkommens ist da drin? --Christian 18:34, 12. Aug 2006 (CEST)
- Ja, da war ich wohl in der Zeile verrutscht. Jetzt stimmts. Benni 19:53, 12. Aug 2006 (CEST)
Quasi progressives Element?
Aus Grundeinkommen#Klassifikation verschiedener Grundeinkommensmodelle, Wie wird's bezahlt?:
- Einige Modelle schränken das bisherige progressive Steuermodell ein, was oft kritisiert wird. In dieser Kritik wird jedoch nicht beachtet, dass das Grundeinkommen selbst – da konstant für alle – auch schon ein quasi progressives Element enthält.
Das leuchtet mir nun gar nicht ein – im Gegenteil ist's doch so, dass heute die Armen mehr direkte staatliche Hilfen erhalten sollten als die Reichen (die z.B. keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben) – mit dem Grundeinkommen würden alle genau gleich viel kriegen. Im Übrigen bezieht sich „progressiv“ ja nicht auf die Unterstüzung durch den Staat, sondern auf die Abgaben an den Staat – wer reich ist, sollte im Allgemeinen einen höheren Steuersatz haben als Ärmere, d.h. nicht nur proportional sondern über-proportional zu einem Einkommen/Vermögen an den öffentlichen Aufgaben beteiligt werden. Trotz Steuerschlupflöchern u.ä. dürfte das heute auch einigermaßen der Fall sein (bei Privatpersonen – bei Firmen sieht's tatsächlich anderes aus). Bei fixen (linearen) Steuersätzen (egal ob auf Mehrwert/Umsätze oder auf Einkommen) fällt dieses „progressive“ Element automatisch weg, daran ändert auch das Grundeinkommen nichts. --Christian 16:04, 20. Aug 2006 (CEST)
- Wenn man die Leute betrachtet, die überhaupt Steuern zahlen und Grundeinkommen und lineare Steuer zusammen betrachtet, dann ist das ähnlich wie eine progressive Steuer alleine. Das wollte ich sagen. Benni 18:22, 20. Aug 2006 (CEST)
- Naja, wenn man das Grundeinkommen als eine „umgekehrte Steuer“ ansieht und somit von der gezahlten Steuer abzieht, dann würde die Differenz tatsächlich eine progressive Kurve ergeben. Ok. Aber so wie das oben formuliert ist, ist das kaum zu verstehen, deshalb würd ich's lieber rausmachen oder umformulieren. Im Übrigen ist diese Frage ja ganz unabhängig von den Grundeinkommen selber – die Modelle könnten ja genausogut auf progressiven statt auf linearen Steuern aufsetzen, das würde erstmal nichts Grundsätzliches andern. --Christian 21:49, 23. Aug 2006 (CEST)
- Mir geht es nur darum verbreitete Missverständnisse zu klären. Ich war jetzt bei einigen Grundeinkommensdiskussionen dabei und das Thema wird immer wieder falsch dargestellt. Klar kann man die bisherige Steuerprogression beibehalten und ein Grundeinkommen einführen. Dann muß man sich nur klar machen, dass das eine Erhöhung der jetzigen Progression bedeutet (und mit entsprechenden Widerständen verbunden wäre). Das heisst nicht, dass man das nicht machen soll, nur das man sich klar sein sollte, was man macht. Benni 11:33, 25. Aug 2006 (CEST)
- Moment! Zumindest bei Werner soll das ganze ja ausgabenneutral sein, d.h. im Endeffekt sollen nicht mehr Steuern nötig sein als jetzt auch, insofern würde es auch keine Erhöhung der Progression darstellen. Stattdessen ist die Frage eben wo das Geld herkommt – bleiben die Steuern so progressiv wie sie heute sind, ändert sich an der relativen Belastung nichts, werden sie linearer, werden die, die heute einen größeren Einkommensanteil zahlen (also vermutlich doch die Wohlhabenderen, zumindest die ehrlicheren unter ihnen), was die Abgabenseite betrifft zwangsläufig entlastet. Zusätzlich kriegen sie dann noch ein Grundeinkommen ausgezahlt, wärend die Leistungen, die das Grundeinkommen ersetzen soll (Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Rente u.ä.) und die dann wegfallen würden, heute ja gutverdienenden, arbeitenden Menschen keineswegs zustehen. --Christian 21:15, 25. Aug 2006 (CEST)
im Gegenteil – sie würden dann noch ein Grundeinkommen zu ihren
--Christian 21:15, 25. Aug 2006 (CEST)
- Ob trotz Steuerschlupflöchern von reichen Privatpersonen Steuern bezahlt werden, ist zumindestens umstritten. Da wir ja anders als in den skandinavischen Ländern ein Steuergeheimnis haben, kann man das auch nicht so ohne weiteres überprüfen.
- Werner argumentiert ja, dass Firmen quasi eh nie Steuern bezahlen, weil sie das sowieso immer auf die Preise draufschlagen. Benni 18:22, 20. Aug 2006 (CEST)
- Na wie gesagt, hier geht's ja um Personen, nicht um Firmen. Zumindest die großen Firmen haben tatsächlich genug Möglichkeiten, keine Steuern zu zahlen, das ist unbestritten. Was das Steuergeheimnis betrifft, gibt es in Deutschland de facto keins, das Finanzamt kriegt schon alle relevanten automatisch Informationen von den Banken, also so leicht kommt man ums Steuerzahlen nicht rum. Sicher dürfte es da Tricks, trotzdem bin ich ziemlich sicher dass heute der durchschnittliche Steueranteil für gut Verdienende höher ist als für (sehr) wenig Verdienende – allein schon weil letztere da in vielen Fällen (wenn sie wirklich arm sind) gar keine direkten Steuern zahlen. Setzt man wie Werner auf lineare Mehrwertsteuer statt auf progressive (d.h. einkommens- oder vermögensabhängige) Steuern würde sich das tatsächlich ändern – die Leute, die nur Grundeinkommen kriegen, müssten davon dann wieder diese hohe Mehrwertsteuer zahlen, d.h. die Kaufkraft des Grundeinkommens würde sich entsprechend reduzieren, das sollte man zumindest nicht außer acht lassen... --Christian 21:49, 23. Aug 2006 (CEST)
- Also die Leute, die ich kenne, die viel verdienen zahlen ganz bestimmt nicht die volle Steuer. Im Zweifel sind sie halt eine Firma. Man muß tatsächlich deutlich unterscheiden zwischen Leuten, die jetzt garkeine Steuern zahlen und solchen, die jetzt weniger als das (zukünftige) Grundeinkommen zahlen und solchen, die jetzt ein bisschen mehr zahlen und solchen die viel mehr zahlen. Je nachdem sind die Interessenlagen da ganz und gar unterschiedlich. Meine Bemerkung bezüglich der Progression sollte diese Verwirrung klären helfen. Sicher kann man das besser formulieren, für Vorschläge bin ich offen. Benni 11:33, 25. Aug 2006 (CEST)
Engagement, Kräfteverhältnisse, Realismus
Vor allem, aber nicht nur @Christian: Ok, ich versuche zunächst mal in meinen eigenen Worten wiederzugeben, was ich für Dein Argument halte:
1. Das BGE, wenn es denn kommt, ist so niedrig, dass sich ein Engagement dafür nicht lohnt.
2. Das ist keine Frage des Kräfteverhältnisses sondern des Funktionsgesetzes des Kapitalismus, weil der eben Arbeitszwang vorraussetzt.
3. Deswegen ist ein BGE in ausreichender Höhe unrealistisch und man soll seine Kraft nicht damit verschwenden.
Ist das so korrekt wiedergegeben? Benni 14:12, 26. Nov 2006 (CET)
- Naja, das ist zumindest ein wichtiger Aspekt – oben unter #Probleme mit Grundeinkommen wurde das ja teils auch schon ausführlicher behandelt. Aber die Frage, ob ein Grundeinkommen rein theoretisch funktionieren könnte (was ich aus diesem und aus anderen Gründen bezweifle), finde ich gar nicht so wichtig, und ich werde mich deshalb auch auf keine große Diskussion dazu einlassen (auch wenn ich natürlich niemand anders abhalten will): selbst wenn es das täte, führt doch schon jede solche Forderung nach einer Verbesserung des Kapitalismus dazu, dass die Systemkritik (eigentlich will man ja den Kapitalismus überwinden) in systemkonforme Bahnen geleitet wird (jetzt sorgt man sich aber plötzlich dafür, wie man ihn verbessert kann). Das ist IMHO generell sehr schade – ich glaube, wenn sich auch nur ein Teil der (weitgehend erfolglosen oder mittlerweile wieder einstürzenden) Versuche, den Kapitalismus zu verbessern oder alternative Marktsysteme zu etablieren, stattdessen auf die Entwicklung einer Wirtschaftsweise jenseits von Markt und Tausch fokussiert hätten, wären wir schon sehr viel weiter. --Christian 19:36, 26. Nov 2006 (CET)
- Ich bin halt ein Freund der Maxime "radikal denken, pragmatisch handeln". Immer auf der reinen Lehre beharren finde ich nicht besonders konstruktiv. Aber Du scheinst tatsächlich nicht an einer weiteren Diskussion interessiert. Ich will Dir auch nix aufdrängen, also lassen wirs. Benni 20:03, 26. Nov 2006 (CET)
- Wo siehst du bei mir eine reine Lehre? Und wie kommst du darauf, mir mangelnden Pragmatismus vorzuwerfen? Wir sind uns uneinig über die Strategie: du hältst es offensichtlich für effektiver, den Umweg über die Forderung nach einem BGE einzuschlagen, emias und ich halten es aus schon verschiedentlich erörterten Gründen für erfolgversprechender, den Aufbau der neuen Produktionsweise direkt anzugehen. Wenn du recht hast, ist deine Vorgehensweise pragmatischer, andernfalls unsere. Aber die von mir hier und anderswo genannten Argumente (Systemkritik wird kanalisiert; man muss auch die "Gegenseite" überzeugen, statt sich direkt mit Gleichgesinnten zusammentun zu können), die selbst dann gegen deine Vorgehensweise sprechen würden, wenn ein BGE theoretisch möglich sein sollte (weshalb ich diesen speziellen Punkt jetzt nicht so spannend finde) hast du bislang ignoriert. Das finde ich schade. --Christian 21:22, 26. Nov 2006 (CET)
- Ok, Du willst halt nur über bestimmte Fragen diskutieren und über andere nicht. Ich akzeptiere das mal so, auch wenn ich es nicht für sinnvoll halte, weil der Kern des Problems eben genau darin liegt wie man den Kapitalismus sieht, alles andere sind IMHO Folgeprobleme. Benni 11:05, 27. Nov 2006 (CET)
- Ja das stimmt schon. Nur wenn man das auf einem extrem abstrakten Niveau diskutieren möchte, indem man die real existierenden Kräfteverhältnisse außen vor lässt, dann wird das vermutlich eine sehr langwierige und schwierige Diskussion, auf die ich mich auf dieser Abstraktionsebene jetzt ungern einlassen würde – (1) weil ich nicht von mir behauptet will, nun der allerfitteste Kapitalismuskritiker zu sein (nicht so fit wie Marx, z.B. :-) ) und (2) weil sie mir die Zeit nimmt, mich damit zu beschäftigen, was ich eigentlich momentan lieber machen würde, nämlich das zu skizzeren, was ich für den pragmatischeren und erfolgversprechenderen Weg halten würde. --Christian 14:59, 27. Nov 2006 (CET)
- Aber ok, ich geh mal auf Deine Punkte ein:
- 1.Systemkritik wird kanalisiert: Das halte ich ehrlich gesagt immer für ein komisches Argument. Deswegen hab ich ja oben von "radikal denken, pragmatisch handeln" geschrieben. Man kann sehr wohl in seinem Denken systemkritisch sein und trotzdem innerhalb des Systems versuchen zu handeln. Man kann das sogar nicht nur, sondern muss das auch. So gesehen wird immer jede systemkritik kanalisiert. Auch eure. Benni 11:05, 27. Nov 2006 (CET)
- Nein, "innerhalb des" Systems ist nicht dasselbe wie "an dem" System. Freie Software und Wikipedia etc. werden ja auch innerhalb des Kapitalismus produziert, aber sie versuchen nicht, den Kapitalismus zu verbessern, und sie stellen auch keine Forderungen an den Kapitalismus bzw. an die Produzenten proprietärer Software/proprietären Wissens (außer das man sie in Ruhe lässt und ihnen nicht durch Softwarepatente o.ä. zu große Hürden in den Weg legt). Diesen Ansatz auszuweiten ist IMHO der erfolgversprechendere und auch psychologisch sehr viel angenehmere (da man sich nicht darüber Gedanken machen muss, wie man die Interessen der Unternehmen u.ä. bedienen kann) Weg. --Christian 14:59, 27. Nov 2006 (CET)
- 2.Gegenseite vs. Gleichgesinnte: Ich fürchte diese Seiten gibt es in dieser Reinform nicht. Die Widersprüche gehen immer durch die Individuen durch. Ich hab schon genug Grausamkeiten erlebt, die angeblich von der "eigenen Seite" kamen um das so zu sehen. Auch generell ist das aufmachen solcher prinzipiellen Lager meist nicht hilfreich und ...ja... unpragmatisch. Was anderes ist es, sich über konkrete Interessenlagen klar zu werden und die miteinander zu versuchen in Einklang zu bringen. Oder eben zu sehen, dass das nicht geht. Benni 11:05, 27. Nov 2006 (CET)
- Von "Reinform" hat ja keiner was gesagt. Und wenn dich die "Gegenseite" irritiert, reicht es schon von "Mehrheit" zu reden: um ein Grundeinkommen zu bekommen, musst du zumindest erstmal die Mehrheit der Bevölkerung überzeugen, dass das sinnvoll, finanzierbar und wünschenswert ist. Das dürfte schon mal ein ziemlich schwieriger und langfristiger Prozess sein – einfach anzufangen zusammen mit der Minderheit derer, die wollen, wie es die Freie Software/Freie Inhalte-Szene gemacht hat, kommt mir pragmatischer vor (und man macht ja nichts illegal, also kann einem das auch keiner verbieten – jedenfalls nicht so leicht).
- Und wenn du die Mehrheit hast, müsstest du dann außerdem noch einen Großteil der Unternehmen davon überzeugen, dass ihre Wertverwertung durch das Grundeinkommen nicht tangiert ist, und das wird nur klappen wenn es stimmt. Andernfalls wird das BGE vermutlich erst gar nicht kommen, und wenn doch, werden die Unternehmen das tun, was sie tun müssen, wenn sie nicht der kapitalistischen Konkurrenz zum Opfer fallen wollen, nämlich dorthin gehen wo es billiger ist. Das ist es was ich mit "Gegenseite" meine – da geht's überhaupt nicht um Individuen, die einzelnen Unternehmer mögen noch so überzeugt von dem BGE sein, sie können sich nicht freiwillig einen Nachteil gegenüber der Konkurrenz einhandeln wenn sie dieser nicht zum Opfer fallen wollen. Und das ist auch wieder ein Grund warum ich mir vom BGE, wenn es denn käme, eben nicht viel versprechen würde: da es ja keine Wündertüte ist, die neuen Wert aus dem Nichts generieren kann, und da es aus dem genannten Grund kaum zu einer Umverteilung von den Unternehmern und Kapitalbesitzern zur (nicht-)arbeitenden Bevölkerung führen kann, wird es im Endeffekt nur auf eine Umverteilung innerhalb der (nicht-)arbeitenden Bevölkerung hinauslaufen – das muss zwar nicht unbedingt schlecht sein, aber da ist halt nicht so viel zu holen. --Christian 14:59, 27. Nov 2006 (CET)